Page 47 - denkmalMAGAZIN | Ausgabe 1/2018
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Weckruf für ein unbekanntes Erbe - das "Bau-
haus" in Zaporizhia | Ben Buschfeld
Auf der Landkarte der Moderne ist die einstige Sovietukraine
für viele ein blinder Fleck. Zu Unrecht, denn dort entstanden
Anfang des 20. Jahrhunderts herausragende Industrie- und
Wohnbauten. Sie zu retten, war Ziel der Konferenz "Bauhaus
Zaporizhia" in einer ab 1925 entstandenen Industriestadt,
deren Anlagen stark an die sechs Berliner UNESCO-Welterbe-
siedlungen erinnern.
Startpunkt war ein Projekt der Universität Charkov mit der
Bauhaus-Uni Weimar, bei dem ein Entwicklungskonzept zu
der "Arbeitersiedlung Nr. 6" erarbeitet wurde. Als deutsche
Referenten waren u.a. der Architekt Winfried Brenne, Landes-
konservator Jörg Haspel und Kultursenator a.D. Thomas Flierl
vorgesehen.
Mein Part war ein Vortrag über unsere privaten und zivilge-
sellschaftlichen Projekte in der teilprivatisierten "Hufeisen-
siedlung", welche den Anlagen Zaporizhias städtebaulich sehr
ähnlich ist. Zur starken Berliner Präsenz muss man wissen,
dass das Erbe der Moderne in Deutschland im weltweiten
Vergleich überdurchschnittlich in den Denkmal- und Welter-
belisten vertreten ist. Auch wenn aus unserer Innenperspek-
tive vieles hakt, so muten deutsche Verhältnisse aus ukrai-
nischer Sicht fast paradiesisch an.
Während der Konferenz kam es zu spannenden Debatten,
etwa wie man mit den typischen neo-klassizistischen Über-
formungen der Stalin-Ära umgehen soll oder wie pragmatisch
Arbeiten umgesetzt werden dürfen, ohne dass baulich ein-
drucksvolle Großprojekte durch "falsche" Restaurierung ihren
Status als Welterbe-Kandidaten einbüßen. Hoffnung macht
der Kampfgeist der jungen Aktivisten, der auch in einer
Resolution mündete.
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