Fürst und Fürstin als Künstler | Cremer, Müller und Pietschmann
Annette C. Cremer, Matthias Müller und Klaus Pietschmann (Hrsg): Fürst und Fürstin als Künstler. Herrschaftliches Künstlertum zwischen Habitus, Norm und Neigung.
Lukas Verlag, Berlin 2018.
Schriften zur Residenzkultur, Band 11
Hrsg. vom Rudolstädter Arbeitskreis zur Residenzkultur e. V.
ISBN 978-3-86732-278-2, 36 €
"Fürst und Fürstin als Künstler", ein Sammelband von 18 Einzelbeiträgen, weckt in Berlin sofort die Erinnerung an Friedrich II., der in Person die Architektur seines Landes prägte und seine gestalterischen Vorstellungen in zittrigen Skizzen persönlich zu Papier brachte. Der jetzt vorliegende 11. Band zur Residenzforschung macht deutlich, dass das Wirken Friedrichs des Großen als Kavalierarchitekt auf eine lange Tradition in der Ausbildung höfischer Kultur zurückging. Der Kavalierarchitekt war "donneur d’idées", der in seiner Landesfürsorge auch die Grundausrichtung seiner Architektur vorgab. Der Beitrag von Wolfgang Lippmann über Kaiser Maximilians "enzyklopädischem Dilettantismus" verdeutlicht anschaulich, dass sich mit Kaiser Maximilian dieses Phänomen höfischer Kultur bereits ausgebildet hatte - der Kaiser, der sich im Atelier seines Malers über dessen Schulter blickend in das auf der Staffelei entstehende Bild vertieft. Das Verdienst des 11. Bandes besteht darin, dass sich der Wissenschaftler über rein monographische Untersuchungen hinaus ebenso auch die lange andauernden kulturgeschichtlichen Verflechtungen über den Zeitraum des 16. bis 19. Jahrhunderts vor Augen führen muss. Die auf Lippmann folgenden drei Beiträge von Elena Taddei, Christina Strunck und Sebastian Fitzner vertiefen und erweitern den Beitrag von Lippmann beispielsweise mit den Betrachtungen über den Typ des "adeligen Konzeptkünstlers". Dass das Phänomen des "Fürsten als Künstler" nicht auf die Architektur beschränkt geblieben ist, machen die weiteren Darstellungen zum Kunsthandwerk (der Fürst als Drechsler), zur Literatur, zur Musik unter dem Rubrum "Zwischen Staatsraison und Plaisir: Der Fürst als Musiker, Komponist und Tänzer" deutlich. Der Zeithorizont der Publikation bleibt aus begreiflichen Gründen auf den Beginn der sich über die Alpen nach Norden verbreitenden Renaissance beschränkt, doch weckt er (s. Friedrich II. und weitere Hohenzollern) sofort bis ins 19. Jahrhundert reichende Assoziationen. Das ist der Grund, diesen Band nicht nur als Spezialveröffentlichung der Geschichtsforschung, sondern auch als Anregungen für die heimische Kulturgeschichte zu verstehen; er empfiehlt sich damit allen Interessierten.
"Die Schriften zur Residenzkultur" ergänzen sich bereits gegenseitig zu einer in sich geschlossenen Kulturlandschaft: Band 11 ergänzen etwa Band 6 "Die Prinzenreise. Bildungsaufenthalt und Kavalierstour im höfischen Kontext des 17. Jahrhunderts", Band 7: "Residenz der Musen. Das barocke Schloss als Wissensraum" oder Band 10: "Zeichen und Medien des Militärischen am Fürstenhof in Europa".
Prof. Helmut Engel